Im Hafen von Tsingtau lagen am 2. August 1914 die Kanonenboote S.M.S. Cormoran (im Dock), S.M.S Tiger, S.M.S Iltis (Werftliegezeit), das Torpedoboot S 90 und der österreichische K.u.K.Kreuzer Kaiserin Elisabeth. Diese Schiffe und andere ähnliche Fahrzeuge sollten die deutschen Interessen an der Küste und im Inneren Chinas wahren. Am 31. Juli 1914 verlegte die S.M.S Jaguar nach einem Dockaufenthalt in Shanghai zurück nach Tsingtau. Am 5. August erfuhren die Besatzungen von der Kriegserklärung Englands. Eine äußere Minensperre wurde gelegt um die Einfahrt in die Kiautschou-Bucht zu sperren. Japan stellte Deutschland am 15. August 1914 ein Ultimatum mit der Forderung, das Schutzgebiet nebst allen Rechten den Japanern zu übergeben und seine Streitkräfte aus Ostasien abzuziehen. Da das Ultimatum durch Deutschland unbeantwortet blieb, erklärte Japan am 15. September 1914 Deutschland den Krieg. Kaiser Wilhelm II. forderte am 19. August die militärische Besatzung auf, die "Musterkolonie" Kiautschou bis zum Äußersten zu verteidigen.
Acht Tage später begann eine Seeblockade durch japanische und englische Schiffe. Im Norden bei Longkou auf chinesischem Gebiet landeten die ersten japanischen Einheiten. Zwei Wochen später, am 17. September, begannen die Kämpfe an der Grenze des Schutzgebietes. Die japanische Armee zog einen immer engeren Belagerungsring um Tsingtau und ließ ab dem 26. Oktober die Stadt von See- und Landseite her unter andauerndes Artilleriefeuer nehmen.
Über die Tsingtau-Halbinsel zog sich eine nur leichte Befestigungslinie. Artilleristisch war die Bucht u. a. mit zwei 28 cm, einer 24 cm und 21 cm Batterie sowie weiteren kleineren Kalibern versehen. Ausserdem legten sich im Abstand von 5-6 km 5 Infanteriewerke um das Stadtgebiet von Tsingtao, nummeriert von I bis V. Von Bord der S.M.S Jaguar konnte man Werk I, IV und V sehen und deren Vorgelände mit den Geschützen erreichen. Die ganze Anlage war nur gegen etwaige chinesische Unruhen gedacht, nicht gegen eine moderne Truppe. Die eigentliche Verteidigungsfront Tsingtaus war die Seeseite.
Die Sonderaufgabe der S.M.S Jaguar wurde es nun, in der Kiautschou-Bucht eine Art Verlängerung der Verteidigungsstellungen zu bilden. Den Japanern wurde das Schiff unangenehm, weniger durch die bescheidene artilleristische Feuerkraft als durch die Möglichkeit, dass seitlich in die Aufmärsche und Stellungen hineingesehen und die Beobachtungen an die Verteidigungsleitung weitergegeben werden konnten. Schon bald unternahmen die Japaner den Versuch, die S.M.S Jaguar von dort zu vertreiben und zu vernichten. Die ersten Versuche mit der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Fliegerei und primitiven Bombenwaren völlig erfolglos. Danach stellten sie leichte Feldgeschütze auf. Ernsthafter wurde dann eine 15-cm Haubitzbatterie, die das Schiff in einem Feuerüberfall eindeckte. Dieser Angriff blieb aber wirkungslos.
Am 4. Oktober 1914 patroulierte S.M.S Jaguar im Tsanktau-Tief. Gegen Mittag erhielt das Boot plötzlich Feuer aus der Gegend der Litsun-Brücke.
S.M.S Jaguar ging mit der Fahrt an und nach Süden weg. Das Feuer wurde erwidert. Außerhalb des Bestreichungswinkels der Batterie kehrte das Schiff um und ging gegen die Batterie vor. Die Japaner ließen S.M.S Jaguar ziemlich nahe herankommen. Dann wurde das Feuer mit einer 15-cm-Haubitze und einem leichteren Flachbahngeschütze erwidert. Die inzwischen benachrichtigen Landforts nahmen nun ebenfalls das betreffende Quadrat unter Feuer. Die Jaguar zog sich sich zwecks Feuerbeobachtung zurück. Dann ging das Schiff ein neuerliches Mal gegen die Geschützstellung vor. Querab der Batteriestellung begann ein heftiges Feuergefecht. Drei verschiedene Batterien beschossen nunmehr die Jaguar. Mit äußerster Kraft lief das Schiff auf dem Hafen zu und es war unbegreiflich, dass mitten in den deckenden Salven S.M.S Jaguar noch immer unbeschädigt war.
Plötzlich stieg am Vorsteven eine Säule von Qualm, Wasser und Holzteilen auf. Es war ein Treffer auf dem Rammsporn. Dieser Treffer hätte verhängnisvoll werden können, wenn nicht ein merkwürdiger Zufall mitgespielt hätte. Der Gegner nämlich konnte aufgrund der hohen Fahrt S.M.S Jaguar nicht so schnell folgen. Da sagte der Kommandant auf der Brücke „Er schießt schon langsamer“. Der Steuermann hörte das letzte Wort und befahl der Maschine „halbe Fahrt“. Kaum hatte das Schiff langsamere Fahrt aufgenommen, als der Treffer beobachtet wurde. Bei ursprünglicher Fahrt hätte er das Schiff weiter hinten getroffen.
Das Nach diesem Misserfolg der japanischen Artillerie sollte nun die Marine den lästigen seitlichen Beobachter vertreiben. Auf einem Hügel wurde eine Batterie von vier Schiffgeschützen von je 15 cm Kaliber installiert. Damit wurde die ganze Bucht beherrscht. Das Glück blieb jedoch S.M.S Jagu r treu, obwohl es mehrmals brenzlig aussah. Sie zog sich weiter in die Bucht zurück, konnte aber immer noch die seitliche Beobachtung durchführen. Am 17. Oktober versenkte deutsche Torpedoboot S 90 den japanischen Kreuzer Takatschio. Ab dem 31. Oktober befanden sich die Landforts unter ununterbrochenem Feuer schwerer Artillerie. Nachdem die Japaner in der Nacht vom 6. auf den 7. November die einzige Verteidigungslinie durchbrochen hatten, lief S.M.S Jaguar in der Nacht noch einmal aus und nahm das Gelände vor dem linken Flügel unter Feuer.
Am 7. November kapitulierte der Festungskommandant Meyer-Waldeck. Auf ein Signal von der Signalstation wurde im Morgengrauen Kanonenboot S.M.S Jaguar von der eigenen Besatzung versenkt. Die Japaner waren bereits in der Stadt. Der Kampflärm verstummte.Die Besatzung wurde mit Hafenbarkassen an Land gebracht und in eine fünf jährige Kriegsgefangenschaft nach Japan abtransportiert.
Die Verluste bei den Kämpfen um Tsingtao und Umgebung betrugen auf deutscher Seite 224 Tote und 400 Verwundete, die Japaner hatten 1.800 Gefallene oder Verwundete zu beklagen.
Der deutsche Pilot Günther Plüschow hatte vorher den Befehl erhalten, die Stadt mit wichtigen Dokumenten und der Spitze der Fahne des III. Seebatallions zu verlassen. Mit seinem Flugzeug vom Typ Taube erreichte er nach einem abenteuerlichen Flug Deutschland und wurde später als "Der Flieger von Tsingtau" bekannt.
Im Versailler Vertrag musste Deutschland alle Rechte an der Kolonie entschädigungslos an Japan abtreten. 1922 erfolgte nach heftigen Protesten die Rückgabe der ehemaligen "Musterkolonie" an China.
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